Einsamkeit als Ressource
- Klaus-Michael Jetter
- 19. Nov. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Jan.

Nach dem Schreiben des Artikels über das "Bewertungsfreie Bewusstsein" überfiel mich eine tiefe Traurigkeit. Eine Traurigkeit über meine Einsamkeit, bei der ich spürte, dass ihr Ursprung aus früheren Generationen stammt und von dort über Generationen an mich weitergegeben wurde. Eine grundsätzliche Einsamkeit, aus der es kein Entrinnen gibt.
Ich hatte das Gefühl, dass ich hier mit meinen psychotherapeutischen Techniken, welche ich verinnerlicht hatte, nicht weiterkommen würde.
Ich las in Alice Millers Werk: "Das Drama des begabten Kindes" nach, weil ich in Erinnerung hatte, dass sie über das Zulassen von Traurigkeit als Voraussetzung zur Selbstfindung geschrieben hatte. Dort fand ich den Hinweis wieder, dass unaufgearbeitete Traumatisierungen unbewusst an die eigenen Kinder, also auch von meinen Eltern an mich, weitergegeben werden.
Das bedeutet für mich, ich hatte hier eine reine Form von Einsamkeit, welche mich traurig macht, gefunden, welche sozusagen "unangerührt" weil bis zum heutigen Tag unbewusst in mir schlummerte. Wie sollte ich dieses fundamentale transgenerationale Trauma auflösen?
Frau Miller beschreibt den Weg der Selbstfindung über das Zulassen von Traurigkeit mithilfe von Psychotherapie, welche bei mir ja nicht mehr infrage kommt. Es gibt Seminare für ältere Menschen, in welchen gelehrt wird, dass Einsamkeit krank macht. Irvin Yalom sagt, dass man im Alter noch wagen sollte, neue Beziehungen einzugehen, damit man die Angst vor dem Tod verliert. Ich hatte schon einige "Dates" mit Frauen meiner Altersklasse, aber es hat nirgends richtig gefunkt. Ich selbst habe einen Blogbeitrag über die Wahrnehmung von Verbundenheit geschrieben, welcher dabei helfen kann, Einsamkeit zu überwinden. Alles deutet darauf hin, dass Einsamkeit nicht zu empfehlen ist.
Da dieser Blog dabei helfen soll, transgenerationale Traumatisierungen aufzulösen und ich bei der Einsamkeit das Gefühl habe, dass diese als Folge von Traumatisierung durch Rückzug in sich selbst entstanden ist, wusste ich nicht weiter und habe mich an meine Schwester in der Hoffnung gewandt, dass sie mir einen Ratschlag geben kann.
"Guten Morgen, Barbara,
braucht es mehrere Inkarnationen, um überhaupt glücklich zu werden? Durch die transgenerationalen Traumata und das durch diese über Generationen weiter gereichte Gefühl der Einsamkeit habe ich den Eindruck gewonnen, dass ich grundsätzliche Traumatisierungen nicht auflösen kann. Sie scheinen ein fester Bestandteil des Lebens zu sein."
Die Antwort war klar und einfach:
"Ändere deine Einstellung zur Einsamkeit. Wer sagt, dass Einsamkeit etwas grundsätzlich Negatives ist?"
(17.11.2024 9:00 Uhr)
Da hatte ich den Salat. Ich habe Einsamkeit bisher wirklich für etwas Negatives gehalten. Allein schon deswegen, weil ich meine, diese selbst verschuldet zu haben. So nach dem Motto: "Das habe ich verdient, warum verhältst du dich auch so, dass dich keiner mag?" Allem Anschein nach kann ich aber auch Einsamkeit als Ressource nutzen.

Einsamkeit als Ressource
Wenn ich mir das aber recht überlege, kann ich Einsamkeit auch als eine Insel in einem Meer von Dunkelheit sehen, auf welcher ich, zum Beispiel durch meine Vorstellungskraft, eine Kerze anzünden kann, um mich in der Dunkelheit geborgen zu fühlen, um neue Wege zu finden, um diese auszuprobieren, um mich anderen mitzuteilen, um Wärme zu verbreiten ...
Ich darf nicht alles unhinterfragt glauben, was mir beigebracht worden ist, und viele Menschen, vor allem ältere Menschen, denken. Denn ich werde voraussichtlich nicht das Glück haben, in einem Kreis meiner Familie alt zu werden.
Klaus-Michael Jetter
An einem Herbstrüben-Tag 2024
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