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Mit der Liebe als Erfahrung an Traumata einen "Knopf dranmachen"

Aktualisiert: 7. Jan.

Ein Knopf, eine NĂ€hnadel und ein StĂŒck Stoff

Genau genommen beschĂ€ftige ich mich seit meinem vierten Lebensjahr mit meinen Traumatisierungen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich das erste Mal in meinem Leben in einem Kindergarten bewusst Liebe miterlebt. Damit wurde ein großes Fragezeichen in meinem Kopf geboren.


Wenn mir eine KindergĂ€rtnerin damals nicht Liebe entgegengebracht hĂ€tte, wĂ€re ich wahrscheinlich nicht durcheinander gekommen und hĂ€tte nicht einmal bemerkt, dass in meiner Familie etwas nicht stimmt. Ich hĂ€tte die Lieblosigkeit, welche mir von meinen eigenen Eltern vorgelebt wurde, fĂŒr normal gehalten und mein Leben damit verbracht, fraglos immer das zu tun, was von mir verlangt wird, ohne selbst nach GlĂŒck zu suchen.


Aber so war es nicht! Irgendetwas in mir rebellierte!


Ab diesem Zeitpunkt bis zu meinem 16. Lebensjahr habe ich mich mit so ziemlich allen angelegt, um Liebe in Form von Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich wurde unter anderem auch als "Terrorist" bezeichnet.


Als ich in meinem 17. Lebensjahr merkte, dass ich so nicht die Liebe bekomme, nach der ich suchte, fing ich an, regelmĂ€ĂŸig Alkohol zu trinken. Auf diese Weise bekam ich wenigstens ein StĂŒck weit Geborgenheit. Mit dem Trinken habe ich erst aufgehört, als ein mir sehr nahestehender Mensch sagte: "Wenn Du weiter so trinkst, werde ich nicht mehr mit Dir zusammen sein wollen!" Da wir uns sehr lieben und ich auf die Gegenwart dieses Menschen unter keinen UmstĂ€nden verzichten wollte, habe ich von einem Tag auf den anderen mit dem Trinken aufgehört und mir damit selbst mehr Liebe entgegengebracht, als ich es jemals zuvor in meinem Leben getan habe.


Da war ich dann schon 64 Jahre alt.


Liebe als Erfahrung


Jetzt könnte man sagen, dass ich mein Leben in hohem Maße zerstört habe, aber das stimmt so nicht. Erst ĂŒber diesen sehr langen Umweg habe ich, wenn auch unbewusst, wieder die Erfahrung gemacht, dass es wirklich eine Liebe gibt, welche nichts verlangt, sondern nur ist.


Bis zu diesem Zeitpunkt bin ich oft auf "begnadete" Narzissten hereingefallen, welche vorgaben zu lieben, das aber nur zur SelbstbestĂ€tigung taten. Darunter war ein Psychotherapeut, ein Chorleiter, ein Medium, ein Leiter einer Selbsthilfegruppe und viele andere mehr, von denen ich es nicht explizit weiß, aber erahne. Leider liegen Genie und Wahnsinn oft nah beieinander.


Stand heute wĂŒrde ich diese wieder erfahrene Art von Liebe als "universell" oder "allumfassend" bezeichnen. Diese Bezeichnungen kennen zwar viele Menschen, sei's im spirituellen oder religiösen Bereich, aber bedauerlicherweise nur intellektuell und nicht als seelisch fassbare Erfahrung.


Mit dem GefĂŒhl der Liebe im Hintergrund, Traumata zu wenden


Wenn ich mich jetzt bewusst mit diesem GefĂŒhl der Liebe als Erfahrung im Hintergrund meiner Traumata zuwende, weiß ich, dass es keinen Sinn mehr macht, weiter in Richtung der rein analytischen Erfassung meiner traumatischen Erlebnisse einzutauchen. Da die Bilder hierzu nur in BruchstĂŒcken auftauchen und die Verursacher meiner bis heute andauernden Probleme zwar sichtbar sind, aber das Wissen darum mir kein StĂŒck mehr Lebensfreude gibt.


Also kann ich an meine Traumata erst einmal "einen Knopf dranmachen".


Tielseite des Buchs von Luise Reddemann: "Die Welt als unsicherer Ort"

Luise Reddemann beschreibt in Ihrem Buch "Die Welt als unsicherer Ort" schwer traumatisierte Frauen, welche durch ihre Hingabe an ihre Kunst, soviel Kraft erlangten, dass sie trotz allem Leiden, welches sie durchlebt haben und bis zu ihrem Tod durchleben mussten, ihrem Leben einen Sinn geben konnten. Das bedeutet, dass sie ein StĂŒck weit ihr Leiden auflösen konnten. Dabei war es fĂŒr diese, wie fĂŒr viel andere traumatisierte Menschen, nicht notwendig ihren Traumata auf den Grund zu gehen und trotzdem ein erfĂŒlltes Leben leben können.


Irgendwie habe ich nach so langer Suche nach den Ursachen meiner Traumatisierungen jetzt, nachdem ich mir die Liebe erfahrbarer machen konnte, welche mir klar zeigt, was geht und was nicht geht, keine Lust mehr weiter zu analysieren, sondern will mich mit dem Erkannten erst einmal zufriedengeben. Einen Knopf an mein PĂ€ckchen der Erkenntnisse dranmachen und mich mehr auf die Liebe in mir und in allem um mich herum konzentrieren.


Schreiben als Kunst


Dabei hilft mir, genauso wie den KĂŒnstlerinnen ihre Kunst, das Schreiben hier in diesem Blog.


Es kann passieren, dass ich wieder einmal emotional festgefahren bin und es in meinem Kopf wie in einem Karussell zugeht. Ich weiß dann nicht, wie ich aus dieser "Sackgasse" wieder herauskommen kann (ĂŒbrigens auch eine Ursache von Traumatisierungen). Wenn dann mein Unbewusstes eine Idee hat, weckt es mich nachts meistens zwischen ein und zwei Uhr auf und gibt mir seine Idee ein. Wenn es mir dann gelingt aufzustehen, mich an den Computer zu setzen und wenigstens anzufangen, die Gedanken einzufangen und bruchstĂŒckhaft aufzuschreiben, ist "die halbe Miete" schon gewonnen.


Daraufhin bin ich wieder ein StĂŒck freier und die Welt um eine literarische Erkenntnis reicher ;-)


Das geht ohne Kontakt zu meiner Seele nicht. DarĂŒber und ĂŒber die authentische Liebe mehr in anderen BeitrĂ€gen.


Klaus-Michael Jetter

August 2024


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